Slowakischer Rauhbart
von Schrot & Korn (FCI/VDH)

Gedanken zum "Schimmel"

Zuerst einmal sei angemerkt, dass der Begriff „Schimmel“ vor allem im deutschen Sprachgebrauch bei vielen Jagdhunderassen üblich ist.

Damit gemeint sind verschiedene Zeichnungsmuster (getüpfelt, gesprenkelt, gestichelt etc.) in der Grundfarbe des Hundes,  welche erst sichtbar werden, wenn der Hund unpigmentiertes Fell hat.
Man spricht bei unpigmentiertem Fell von Weißscheckung. Im Falle des Slowakischen Rauhbarts von Piebald-Scheckung.

Entsprechend dem Buch „Die Genetik der Fellfarben beim Hund“ von Dr. Anna Laukner, Dr. Christoph Beitzinger und Dr. Petra Kühnlein kann man Tüpfelung, Sprenkelung, Stichelung etc. mit dem Oberbegriff „Ticking“ zusammenfassen.

Eine kleine Zusammenfassung wie die beiden Farbschläge beim Slowakischen Rauhbart entstehen und sich vererben finden Sie hier.

vom rauhaarigen Weimaraner zur eigenständigen Rasse

Alles begann, als in einer der ältesten, rauhaarigen Rassen, dem Böhmisch Rauhbart, in den 50ern fehlfarbene (weil graue) Welpen fielen. Der Böhmisch Rauhbart ist gemäß seinem Standard braun oder braunschimmel.
Diese grauen Böhmisch Rauhbärte wurden gezielt mit Weimaranern verpaart, um rauhaarige, graue Vorstehhunde zu erhalten.
Viele Jahre wurden diese Nachzuchten im tschechischen Zuchtbuch der Weimaraner geführt.
Als der Weimaraner Klub in Deutschland dies erfuhr und diesen rauhaarigen Schlag offiziell ablehnte (1975), wurde nun die Anerkennung einer eigenständigen Rasse angestrebt.
Der Slowakische Rauhbart (eigentlich Slovensky Hrubosrsty Stavac = Slowakischer Rauhaariger Vorstehhund) entstand.

Ab diesem Zeitpunkt war man nicht mehr gezwungen züchterisch auf einfarbig graue, raue Hunde zu selektieren, sondern konnte das genetische Erbe des Böhmischen Rauhbartes berücksichtigen.
Den Farbschlag „Schimmel“.
Zudem war es nun auch möglich, die Zucht der Rasse in Wesen, Leistung und Fellqualität durch die Einkreuzung von Deutsch Drahthaar, Pudelpointer und Deutsch Kurzhaar in ein gewünschtes Zuchtziel lenken.
Auch ließ sich so die zu Beginn jeder Rasse kleine Zuchtbasis breiter aufstellen.
Fast 30 Jahre nach den ersten Kreuzungen grauer Böhmischer Rauhbärte mit Weimaranern wurde die Rasse Slowakischer Rauhbart von der FCI anerkannt. Dies war 1982.

Die Entwicklung der beiden Farbschläge

Ich könnte mir vorstellen, dass zu diesem Zeitpunkt das Zuchtziel bervorzugt der graue Farbschlag war.
Auch dass der "Schimmel" mit in den Standard aufgenommen wurde, weil er als disqualifizierende Fehlfarbe die Zuchtbasis unnötig eingeschränkt hätte.
Heute noch bevorzugen manche Züchter, wie auch Besitzer den grauen Farbschlag.

Genetisch ist es so, dass „Nichtscheckung“ dominant über Weißscheckung ist.
Der Weimaraner trägt keine Weißscheckung in sich.
Böhmischer Rauhbart, Deutsch Drahthaar und Deutsch Kurzhaar dagegen schon.
Daher ist es verständlich, dass bedingt durch den Erbgang in der Rasse Slowakischer Rauhbart zwar mehrheitlich einfarbig graue Hunde fallen, aber daneben je nach Verpaarung auch immer wieder einige „Schimmel“.

Wie soll ein "Schimmel" aussehen?

Eine sehr gute Frage!
Da mich bereits vor meinem B-Wurf immer wieder Fragen erreichten, ob der „Schimmel“ in der Rasse erwünscht sei und wie genau ein „Schimmel“ auszusehen habe, möchte ich etwas aus meiner Sicht zu schreiben.

Der FCI Standard Nr. 320 beschreibt die Farben des Slowakischen Rauhbarts folgendermaßen:
„Der Grundton ist ein kastanienbraun schattiertes Sandfarben
(als „Grau“ bezeichnet) mit helleren oder dunkleren Varianten, mit
oder ohne weiße Abzeichen an den Gliedmaßen und an der Brust;

oder auch „Grau“ mit mehr oder weniger großen Flecken, eventuell
getüpfelt.“
Quelle: http://www.fci.be/nomenclature/Standards/320g07-de.pdf

Der erste Abschnitt beschreibt eindeutig die Mehrheit der Rassevertreter: Den grauen Slowakischen Rauhbart.
Der letzte Satz beschreibt den „Schimmel“, da Flecken und Tupfen auf einem einfarbig grauen Hund nicht sichtbar sein können.
Diese werden erst sichtbar, wenn der Hund eine ausgedehnte Weißscheckung zeigt.
Also ein großteils unpigmentierter Hund mit pigmentierten Platten und Tupfen in seiner Grundfarbe (beim Slowakischen Rauhbart „grau“).

Rasse Standards geben einen Rahmen vor, der je nach Rasse bezüglich mancher Merkmale mal genauer und mal weniger genau beschrieben ist.
Der Farbschlag „Schimmel“ beim Slowakischen Rauhbart gehört wohl zu den weniger genau beschriebenen.

Der Standard Nr. 320 zählt unter dem Abschnitt schwere Fehler unter anderem auf:
„Viel zu helle, bis ins Weißliche gehende Farbe“

Man könnte nun meinen, dass hier ein Slowakischer Rauhbart mit sehr wenig oder keinem Ticking gemeint ist.
Ich persönlich hätte damit tatsächlich eher Hunde angesprochen, die einfarbig grau sind und deren Grauton sehr aufgehellt ist. (Diese gibt es, wenn auch scheinbar seltener.)
Denn wäre damit der „Schimmel“ gemeint, stünde im letzten Satz unter Farbe nicht „eventuell getüpfelt“. Eventuell getüpfelt liest sich, als müsse dieser Farbschlag nicht zwingend Ticking zeigen.
Ohne Tupfen wäre der Schimmel weiß (mit grauen Platten).
Es ist aber auch sehr gut möglich, dass mit dem „Grau“ in der Beschreibung des „Schimmels“ ein Hund gemeint ist, der vom Zeichnungsmuster her gestichelt ist. Gestichelt meint, dass sich pigmentierte und unpigmentierte Haare „abwechseln“.

Gesundheit und Ticking

Aus der Zucht verschiedener Rasse mit ausgedehnter Weißscheckung weiß man, dass ein Risiko von (ein- oder beidseitiger) Taubheit besteht.
Nach derzeitigem Wissensstand steigt oder sinkt das Risiko z.B. für Taubheit NICHT mit dem Vorhandensein oder Fehlen von Ticking.
Verschiedene Studien legen den Schluss nahe, dass bei ausgedehnter Weißscheckung das Fehlen von Pigment im Bereich der Behänge das Risiko von Taubheit steigen lässt.
Hiermit ist das Pigment gemeint, was bereits bei der Geburt ausgeprägt ist.
Ticking hingegen ist bei der Geburt noch nicht sichtbar. Es wird nach und nach in den ersten Lebenswochen im Fell sichtbar.
Fallen Piebald-Welpen in einem Wurf, denen bei der Geburt Pigment am Kopf, vor allem im Bereich der Behänge fehlt, ist ein Hörtest dieser Welpen ratsam.

Ticking - Stichelung vs Tüpfelung

Seit diesem Jahr (2022) bietet Labogen einen Gentest auf „Ticking“ an, welcher die Zeichnungsmuster „Tüpfelung“, „Stichelung“ und „Schimmelung“ umfasst.
Hier geht es zum Ticking-Gentest von Labogen.
Es wird im Ergebnis nicht zwischen den Zeichnungsmustern unterschieden, sondern gibt an, ob der Hund rein- oder mischerbig „Ticking“ trägt.

Da wir zwei Hunde aus unserem B- Wurf behalten haben, waren wir natürlich neugierig.
Die beiden sind nun 10 Monate alt. Der Rüde zeigt große, recht klar abgegrenzte Tupfen, während das Zeichnungsmuster der Hündin zum aktuellen Zeitpunkt fast wie eine Stichelung wirkt.
Da ich die beiden ab Tag 0 kenne, weiß ich wie sich das Ticking in seiner Entwicklung zeigte und würde behaupten, dass es bei beiden Tupfen und keine Stichelung sind. Bei der Hündin eben nur deutlich kleinere und dichter bei einander liegende. Das lässt das Fell gestichelt erscheinen.
Auch wenn das Zeichnungsmuster der Hündin intensiver erscheint, sind beide Hunde mischerbig auf Ticking.

Der Test unterscheidet wie oben erwähnt im Ergebnis nicht zwischen Tüpfelung und Stichelung.
Man konnte es aber bei unseren beiden sehr gut in den ersten Wochen sehen, dass hier genetisch eher kein Unterschied zu erwarten wäre.

Da es wie gesagt keine Auswirkung auf die Gesundheit hat, ob und wie viele Tupfen ein Hund hat oder ob er gestichelt ist, sortiere ich das für mich unter „Geschmackssache“ ein.
Es gibt jagdliche Situationen, bei denen ich die bessere Sichtbarkeit des Schimmel als Vorteil empfinde und eben auch welche, bei denen sie von Nachteil ist und der Hund entsprechend getarnt sein muss (z.B. bei der Jagd auf Krähen und Tauben).

Innerhalb des Standards züchten

Jetzt werden vielleicht die ersten denken „Aber ihr müsst doch innerhalb des Standards züchten.“
und da verweise ich gern auf den Standard, welcher für diesen Farbschlag recht ungenau scheint (siehe oben) und führe vor Augen, dass eine international sehr, sehr kleine Zuchtbasis einer Jagdhunderasse meiner Meinung nach andere Prioritäten setzen sollte!

Wir brauchen wesensfeste und gut veranlagte Hunde, die sicher auch vom Erscheinungsbild her dem Slowakischen Rauhbart entsprechen sollen.
Aber bevor ich mich züchterisch damit befasse, wie viele Tupfen ein Hund hat oder ob er gestichelt erscheint, habe ich neben Wesen und Anlage die Fellstruktur und deren Qualität (harsch, dicht, anliegend) im Fokus.
Gutes Rauhhaar zu züchten scheint mir (wie in vielen Rassen) nicht so einfach.

Solange weder optisch, noch genetisch eindeutig zwischen enger Tüpfelung und Stichelung unterschieden werden kann, macht es in meinen Augen züchterisch wenig Sinn, den im Standard beschriebenen Schimmel als gestichelt zu interpretieren und zu favorisieren.

Eine kleine Zuchtbasis wie der Slowakische Rauhbart kann es sich in meinen Augen gar nicht leisten, Hunde mit relativ wenig Ticking von der Zucht ausszuschließen!


Reine "Schimmel" Würfe - warum?

Seit 2016 leben und jagen mit mir Slowakische Rauhbärte. Seitdem tausche ich mich mit vielen Besitzern und Züchtern international aus. Mir sind aus den letzten Jahren gerade mal vier Verpaarungen (1x England, 2x Slowakei, 1x Deutschland) bekannt, bei denen beide Eltern "Schimmel" sind.

Mein B Wurf ist eine solche Verpaarung.
Sicherlich nicht wegen der Farbe, sondern weil in der international kleinen Zuchtbasis einige Ahnen in vielen Hunden in den ersten 5 Generationen mindestens einmal, teilweise bereits mehrfach vorhanden sind.
Die Anzahl der Deckrüden mit jagdlichen Prüfungen und Praxis und HD-/ED-Auswertung ist recht überschaubar und nicht gerade wenige haben die oben erwähnten Ahnen im Pedigree.

Ich habe mich für diesen Deckrüden entschieden, weil er mit fast 10 Jahren HD-A, ED 0 und Spondylosefrei begutachtet wurde, weil er vom Körperbau ein typischer und harmonisch gebauter Slowakischer Rauhbart ist, ein dichtes, harsches Rauhaar hat und eben neben Prüfungen auch in der Praxis überzeugte. Auch im Wesen ist er ein sehr angenehmer Rassevertreter.

Da weder er, noch meine Käthe die oben erwähnten Ahnen in sich tragen, erhoffe ich mir nicht nur gesunde, wesensfeste, gut veranlagte Hunde mit gutem Rauhaar, sondern auch den ein oder anderen, der es ggfs. in die Zucht schafft und ein wenig andere Linien mit sich bringt, als viele der Hunde aus den letzten Jahren.

Dass der gewählte Deckrüde ein „Schimmel“ ist und daher mit meiner Käthe nur schimmel Welpen hervorbringen würden, war mir klar. Darauf wurde auch jeder Interessent hingewiesen, der sich um einen Welpen bewarb. Diejenigen, die den einfarbig grauen Slowakischen Rauhbart favorisieren, konnten sich also rechtzeitig bei anderen Züchtern bewerben.
Der Rüde hat seit etlichen Jahren bereits die Zuchtzulassung im Ursprungsland und vor meinem B-Wurf bereits zwei Würfe gezeugt. Beide Mal mit grauen Hündinnen.
Da er selbst sehr wenig Ticking zeigt und zum Zeitpunkt meiner B-Wurfplanung noch nicht testbar war, ob das intensivere Ticking meiner Käthe misch- oder reinerbig vorhanden ist, hätten auch theoretisch Welpen mit kaum oder keinem Ticking fallen können.


Zum Schluss

Dieser Text kann leider nicht die Frage beantworten, wie ein Schimmel nun genau auszusehen hat.
Im Zuge einer Zuchtzulassung, werden allein Formwertrichter entscheiden, wie sehr ein Hund in der Summe aller seiner Merkmale dem Standard entspricht.

Mein Text soll deutlich machen, dass der "Schimmel"
- schon aufgrund des Erbgangs, aber wohl auch durch die züchterischen Ziele zu Beginn der Rasse seltener ist
- mit pigmeniertem Kopf keinen gesundheitlichen Nachteil gegenüber dem grauen Farbschlag hat
- jagdlich gesehen Vor- und Nachteile hat
- gemäß Standard nicht unerwünscht, nur eben nicht genau beschrieben ist

Der Text soll ein wenig beleuchten, erklären, zum Nachdenken anregen und auch etwas neugierig machen auf die Genetik der Fellfarben beim Hund.